Die Geschlechterlücke

EINKOMMEN, ARBEITSZEIT, ALTERSVERSORGUNG: DIE GENDERLÜCKEN SCHLIESSEN SICH ... LANGSAM

Der sogenannte "Gender Pay Gap", die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn von Männern und Frauen, ist laut Statistischem Bundesamt in den letzten 20 Jahren gerade einmal von 22 % auf 18 % gesunken. Neben dieser "Lohnlücke" zu Ungunsten der Frauen gibt es noch weitere Lücken: Die "Rentenlücke" etwa oder die "Geschlechter-Datenlücke". Und gern wird die Verantwortung für ungleiche Einkommen und Renten den Benachteiligten selbst zugeschoben. Um so erfreulicher ist es, dass das Bundesarbeitsgericht nun endlich mit einer gängigen Rechtfertigung für die Unterschiede im Einkommen von Männern und Frauen aufgeräumt hat.

Eine von vielen "Begründungen" für die Lohnlücke lief darauf hinaus, dass Frauen nun einmal schlechter im Aushandeln ihrer Gehälter seien als Männer. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 16.2.2023 (8 AZR 450/21) klargestellt, dass der Grundsatz "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" auch dann gilt, wenn ein Mann tatsächlich erfolgreicher verhandelt hat als seine Kollegin.

Das Urteil

Das BAG hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem zwei Beschäftigte sich gegenseitig vertraten und identische Arbeitsverträge hatten - mit Ausnahme des Gehalts, das beim männlichen Beschäftigten deutlich höher war als bei seiner Kollegin. Eine Klage der Kollegin auf Nachzahlung der Gehaltsdifferenz war sowohl vom Arbeitsgericht Dresden als auch vom Landesarbeitsgericht Sachsen abgewiesen worden. Unter anderem mit der Begründung, dass das höhere Grundentgelt des Kollegen zur Mitarbeitergewinnung erforderlich gewesen sei. Nur unter diesen Gehaltsvoraussetzungen sei er zum Abschluss des Arbeitsvertrages bereit gewesen.

Das Bundesarbeitsgericht folgte dieser Argumentation der Arbeitgeberseite nicht, sondern sah hier eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts der Klägerin („Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Kollege, begründet die Vermutung nach § 22 AGG, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist."). Die klagende Kollegin kann sich nach diesem Urteil nun über eine deutliche Nachzahlung plus Entschädigung plus Zinsen freuen.

In einer Pressemitteilung des BAG hieß es dazu in erfreulicher Deutlichkeit außerdem:

„Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert es nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt“.

Interessenvertretung und Gleichstellung

Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist - wie dieser Fall zeigt - eine bleibende Aufgabe von Gleichstellungsbeauftragten und von Betriebs- und Personalrät*innen. Für Betriebsräte als Aufgabenbereich im § 80 (2a) des Betriebsverfassungsgesetzes, für Personalrät*innen im Bereich des LPVG NRW im § 72 (4) LPVG NRW und für Personalrät*innen der Beschäftigten des Bundes im § 62 BPersVG festgelegt.

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Die oben erwähnte Rentenlücke ist ein direktes Ergebnis der Einkommenslücke. Aufgabe der Interessenvertretung ist es hier insbesondere Beschäftigte für die Problematik zu sensibilisieren und sich selbst kundig zu machen über Kinderberücksichtigungs- und Kindererziehungszeiten bei der Rente, Auswirkungen von Minijobs und andere Themen von denen weibliche Beschäftigte häufiger betroffen sind. Innerhalb von zwei Tagen erhalten Sie in diesem Seminar einen fundierten Überblick:

 

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